
Die Bürobranche erfindet sich durch den Flex-Office-Markt neu und entdeckt ein großes Potenzial von Gewerbeflächen. Flexible Bürofläche galt lang als riskant, jetzt ist sie heißbegehrt – vor allem bei Nutzern auf der Suche nach Arbeitsumgebungen, die sich nach Bedarf anpassen. Flexspace ist die Zukunft der Bürovermietung.
Doch wie wird man vom herkömmlichen Bürovermieter zum erfolgreichen Flexspace-Anbieter? In diesem Leitfaden erfahren Sie, wie es gehen kann.
Warum überhaupt »Flexen«?
Die Nachfrage ist das eine, insbesondere von Nutzern, die im Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen wollen. Das andere ist die Chance, ein zukunftssicheres Portfolio zu entwickeln.
Für klassische Bürovermieter bietet die Neupositionierung auf flexible Flächen folgende Möglichkeiten:
- Portfolios diversifizieren: Sprechen Sie eine größere Zielgruppe an, inklusive Telearbeiter, Start-ups und Großunternehmen mit Flexibilitätsengpässen. Sichern Sie Einkommensquellen auch bei lahmender Konjunktur oder Nachfrageschwankungen im Mietmarkt.
- Maximierung der Auslastung: Laut Instant Group stiegen Belegungsquoten für flexible Arbeitsräume in Großbritannien im dritten Quartal 2024 auf 82 %, gegenüber 80 % im zweiten Quartal.
- Umsatz generieren: Um alles aus Flächen rauszuholen, bietet sich die Einführung verschiedener Mitgliedschaften und neuer Ausstattung an.
Flexible Büronutzung ist in Großbritannien auf dem höchsten Stand seit 2019 und erreichte Ende des 3. Quartals 2024 knapp 78.000 m2 (Quelle: Workthere/Savills). In London gibt es aktuell über eine Mio. m² flexible Fläche.
Flex-Modelle
Für jeden Nutzerbedarf gibt es einen Flexspace. Hier sind die wichtigsten Flex-Modelle:
- Coworking: Eine gemeinsame Arbeitsumgebung für Mitarbeiter verschiedener Unternehmen. Das Coworking-Modell bietet typischerweise unterschiedliche Tarife für flexible Arbeitsplatzoptionen, feste Arbeitsplätze und wenige private Büroräume.
- Serviced Offices: Vollausgestattete Privatbüros in Räumen oder Gebäuden, die an mehrere Unternehmen vermietet werden. Gearbeitet wird mit festen Mitgliedschaften oder laufenden Verträgen, auch wenn teilweise Gemeinschaftsbereiche vorhanden sind wie beim Coworking-Modell.
- Managed Offices: Von einem Drittanbieter verwaltete Bürofläche, die komplett an ein Unternehmen vermietet wird. Vom Vermieter bereitgestellte Büros (CAT A+) und verwaltete Büros wurden in den letzten fünf Jahren v.a. in London vermehrt nachgefragt, so unser Bericht Breaking into Flex.
Brandlords, Management Agreements und Mietmodelle
Vermieter können auf mehreren Wegen in den Flex-Flächen-Markt einsteigen. Statt sich aufs reine Vermieten zu beschränken, können sie z. B. Gebäude aktiv verwalten und bewirtschaften – nach dem sogenannten Eigentümer-Betreiber-Modell. Vermieter bestimmen intern über Design, Vertrieb, Kundenservice und tägliches Management. Zu möglichen Vorteilen gehören höhere Rendite, direkter Kontakt zu Mietern und volle Kontrolle über Marke, Preise und Anpassungsfähigkeit. Zu möglichen Fallstricken gehören betriebliche Komplexität, höheres Risiko und saftige Anfangsinvestitionen – Bedarf an Expertise und steiler Lernkurve inklusive.
Becky Gardiner, Head of Storey bei British Land: »In den ersten sieben Jahren haben wir uns strategisch dafür entschieden, Storey intern statt zusammen mit Drittanbietern zu entwickeln und zu bewirtschaften. Wir hatten bereits Miete, Betrieb, Design und gute Kundenbindung. Warum sollten wir also die Gewinne teilen? Am meisten bringt die direkte Beziehung zu unseren Nutzern. Das Geld aus dem Flex-Business erhielten wir so direkt und die Anfangsinvestitionen hielten sich in Grenzen – nur ein paar Neueinstellungen, das war’s. Die Rendite war beträchtlich und hat den Wert der Strategie bestätigt, unser Flex-Angebot selbst zu kontrollieren.«
Zu den Neueinsteigern gehören einige der bekanntesten Vermieter Großbritanniens: British Land, Landsec, Commercial Estates Group (CEG) – alles Verwalter großer Gewerbeflächen-Portfolios. Von Landsec wurde der Flex-Space-Anbieter MYO als eigene Marke gegründet – bekannt für seine hochwertigen und angepassten Arbeitsbereiche. MYO Piccadilly war innerhalb der ersten drei Monate seit Start im September 2024 bereits zu 65 % belegt. Kings Cross wird mit ca 7.500 m² der größte Flexspace-Standort von MYO, insgesamt wird man dieses Jahr 27.871 m² an flexibler Bürofläche erreichen wird.
Sog. Management Agreements sind ein weiterer Weg in den Flexspace-Markt – in diesem Fall über Partnerschaften mit Anbietern. Statt klassischer Miete mit festem Monatszins wird mit einem Umsatzbeteiligungsmodell gearbeitet, um das finanzielle Risiko zu mindern und Vermietern ein geregeltes Einkommen zu sichern. Der Vermieter bleibt Eigentümer und finanziert die Ausstattung, der Anbieter kümmert sich ums Tagesgeschäft. Innerhalb des Flex-Offices Marktes hatte diese Art von Partnerschaften vor der Pandemie einen Marktanteil von nur 9 % in Großbritannien. Mittlerweile beläuft er sich auf 41 % (Stand vom letzten Jahr) – sind also auf dem Flexmarkt fest etabliert.
Der Vorteil von Management Agreements ist, dass Vermieter mehr Einfluss auf Markenauftritt und Servicequalität haben. Außerdem hat man mit einem etablierten Flex-Anbieter als Partner eine bekannte Marke und betriebliches Knowhow. Dieses Modell ist in Großbritannien bereits weiter verbreitet, während man in Deutschland noch langfristige Mietverträge bevorzugt. In Berlin wurden dieses Jahr aber beispielsweise knapp 7000 m2 flexible Arbeitsfläche von der Flexspace-Marke InfinitSpace mit Management Agreements eröffnet, auch dort ändern sich die Zeiten also langsam, aber sicher.
Ausstattung, Technologie, Vertrieb und Kundenservice sind beim Leasingmodell Sache des vom Vermieter langfristig unter Vertrag genommenen Flex-Anbieters. Das Leasingmodell wurde bislang z. B. von den bekannten Flexspace-Marken wie Design Offices, FORA und Spaces angewendet. Vermieter sichern sich so ein festes Einkommen, unabhängig von der Belegung. Andererseits haben sie wenig Einfluss auf Marke, Servicequalität oder Nutzererfahrung. Auch eine neue Nutzung aufgrund veränderter Nachfrage ist wegen der langfristigen Verträge nur bedingt möglich.
Ausstattung flexibler Arbeitsbereiche
Innendesign ist nicht nur eine Frage der Ästhetik. Sich wandelnde Arbeitsweisen, Gemeinschaft und Anpassungsfähigkeit sind für die Gestaltung von Coworking-Bereichen maßgeblich. In diesen agilen Ökosystemen bewegen sich stetig wechselnde Nutzer mit ganz unterschiedlichen Erwartungen, nicht langfristige Mieter mit gleichbleibendem Bedarf. Zu diesen Erwartungen gehören:
- Flexible Bürokonzepte: Workthere empfiehlt einen Mix aus Büros in verschiedenen Größen und Flächenoptionen von Coworking- über Mikroservices bis Großraum. Nebst Ausstattung mit ergonomischen Stühlen und Schreibtischen sind mittlerweile auch Besprechungsräume mit komfortablen, weichen Möbeln die Norm.
- Ausstattung: Hybridarbeitskräfte möchten heutzutage weder auf Telefonkabinen noch auf Besprechungsräume verzichten. Extras wie Podcast-Studios, Saunas, Stillräume und Kindertagesstätten sind ein Wettbewerbsvorteil und werden seit kurzem verstärkt nachgefragt.
- Fitness und Wellness: Fitnessstudio, Yogaräume, Dachgärten und Spas – der gesamte Tagesablauf wird im Arbeitsbereich abgebildet, sodass sich Arbeit, Wellness und Freizeit für Pendler nahtlos darin verbinden lassen. MYO Kings Cross hat Wellnessräume und ein Fitnessstudio für Mitglieder, FORA Clerkenwell und Soho hingegen sehr schöne Dachterrassen.
- Endstation des Arbeitswegs: Wer zu Fuß geht oder zur Arbeit radelt, möchte sich gerne frisch machen, d. h. Duschen, Fahrradplätze und Spints sollten vorhanden sein.
- Ein Design für alle Sinne: Wie wird der Raum klingen, sich anfühlen, riechen (und sogar schmecken)? Räume sollten so gestaltet sein, dass Nutzer sich leicht darin bewegen können, also z. B. schnell vom Postraum zum Empfangsbereich kommen.
Neue Ausstattung und Innendesigns aus dem Gastgewerbe beeinflussen den Workspace, die Linien zwischen exklusiven Clubs und Arbeitsräumen beginnen zu verschwimmen. Am Arbeitsplatz wird nicht nur gearbeitet – man trifft sich auch und macht Pausen.
Auch die Wahl der eigenen Mitarbeiter muss sich an die neue Arbeitsumgebung anpassen. Bei Storey, der Flexspace-Marke von British Land, werden Fachkräfte aus dem Gastgewerbe eingestellt, als Community-Manager mit People-Skills und makelloser Serviceorientierung.
Technologie für flexible Arbeitsbereiche
Welches Flex-Modell Sie auch wählen, alles beginnt mit der richtigen Technologie. Wird das Tagesgeschäft durch manuelle Arbeitsabläufe gelähmt, so führt das zu Frust, Reibereien und schlechter Bilanz. Ein leistungsfähiges Technologie-Stack unterstützt dagegen automatisierte Abläufe, inklusive Zahlungen, WLAN, Kommunikation, Vertrieb, Marketing und Zugangskontrolle.
Alles greift ineinander, von der Auswahl der richtigen Tools für Ihren Raum über die Hardwareinstallation bis zur Datenerfassung und Berichterstellung für fundierte Geschäftsentscheidungen. Technische Anforderungen mögen komplex sein, liegen jedoch mit einem erfahrenen Anbieter von Flex-Space-Technik im Bereich des Möglichen.
Sind Prozess erst vom Technologie-Stack automatisiert, können Sie sich mit einem schlankeren Team voll auf Mieterbindung konzentrieren. Hier einige Tipps zur Wahl der richtigen Tools:
- Konnektivitätssoftware: Je mehr Anbieter auf den Flexspace-Markt drängen desto höher sind die Erwartungen an High-Speed-Internet, Netzwerk- und Datensicherheit. 2023 wurde an Standorten durchschnittlich 80 % mehr Bandbreite bestellt, und Datenübertragungsraten von bis zu 10 Gbit/s bei 25 % aller Anbindungen – Flexspaces benötigen zukunftssichere Konnektivität.
- Workplace-Management-Software: Lizenz- und Vertragsverwaltung, automatisierte Fakturierung, Antwort auf Kundenfragen und einfache Buchung von Besprechungsräumen – all dies kann ein zentrales System leisten. Durch die Bündelung werden Teams koordiniert und manuelle Aufgaben reduziert. Bei Pure Offices arbeitet man z. B. mit twiinworkspace, um 1200 Monatsrechnungen in nur 30 Minuten zu erstellen, statt einen ganzen Tag lang daran zu arbeiten – ein schlagender Beweis für die Effektivität eines Systems zur Verwaltung eines wachsenden Portfolios.
- CRM: Von Erstkontakt bis Vertragsunterzeichnung, der gesamte Prozess wird im CRM integriert, samt Kommunikation über die gesamte Pipeline und Interaktionstracking, sodass keine Gelegenheit ungenutzt bleibt. In Workplace-Management-Plattformen wie twiinworkspace ist das CRM bereits integriert, um Kunden möglichst nahtlos vom anfänglichen Interesse bis zur Beauftragung zu betreuen.
- Buchhaltungssoftware: Ob Rechnungsabgleich, Ausgabenkontrolle oder Berichterstellung für Stakeholder – geeignete Finanztools reduzieren Fehler und sparen Administratoren Stunden. Für optimalen Cashflow setzen Flexpace-Anbieter hierbei auf Integration in die Workplace-Management-Software für nahtlose Rechnungslegung und Berichterstellung.
- Zugangskontrolle: Wer wann kommt und geht haben Sie mit der richtigen Zugangskontrolle voll im Blick, und für Mitglieder bleibt alles bequem. Sie können Mitglieder auf der Workspace-Management-Plattform sofort hinzufügen, alles aus der Ferne steuern und Berechtigungen in Echtzeit ohne Schlüssel oder Zugangskarten ändern.
Flexibilität integrieren
Der Flexspace-Markt definiert Büromiete neu. Vermietern stehen verschiedene Flex- und Vertragsmodelle sowie Technologien zur Verfügung, um einzusteigen und zu wachsen. Wie ein erfolgreicher Übergang von fest zu flexibel funktioniert, erfahren Sie in unserem neuesten englischsprachigen Bericht Schritt für Schritt: Breaking into Flex
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